DIGITAL TWIN-KONZEPT

Eine digitale Entwicklungsumgebung zur Qualifizierung sicherer und robuster Funksysteme für das automatisierte Fahren und OTA-Datenanwendungen

Der heutige Entwicklungsprozess für Connectivity-Systeme erfordert weltweite Testfahrten mit verschiedenen Prototypen und Operatoren. Hinzu kommen Komponententests, Simulationen und Hallenmessungen. Diese Tests sind aufwendig, zeitintensiv und teuer. Dennoch liefern sie unvollständige und kaum reproduzierbare Ergebnisse, da sie oftmals nur einen Kanal betrachten, frequenzselektiv und kaum standardisiert sind.

Gleichzeitig steigen die Anforderungen an das Connectivity-System exponentiell an. Wurde früher oftmals über dieses nur telefoniert, so laufen heute eine Vielzahl von Anwendungen parallel. Der Fahrer streamt seine neuste Playlist, während die Mitfahrenden einen neuen Film und ein Spiel streamen. Gleichzeitig sendet das Fahrzeug seine Sensordaten an einen Server und wird mit den neusten Daten versorgt, um das automatisierte Fahren zu ermöglichen. Diese Anwendungen zur Unterhaltung, aber auch sicherheitskritischen Anwendungen müssen vollständig und schnell abgesichert werden. Eine Schwierigkeit stellen dabei die realen Einschränkungen im Datenkanal dar.

Reale Einschränkungen

Der Datenkanal wird in der Realität von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Dazu gehören Stör- und Umwelteinflüsse, die Funkumgebung sowie Netzwerkeigenschaften. Durch die Kombination dieser Faktoren ergeben sich Funkszenarien und damit das Funkszenarien-Portfolio. Eine Vervollständigung der Funkszenarien unter Berücksichtigung der unendlichen Variationen ist für die Absicherung einer sicheren und performanten Over-The-Air-Datenverbindung zwingend erforderlich. Hierfür werden neue reale Testdaten gesammelt und durch Daten aus simulierten Testläufen ergänzt. Eine Herausforderung hierbei ist die vollständige Abbildung der komplexen Funkumgebung unter Berücksichtigung der verschiedenen Einflussfaktoren sowie die korrekte Charakterisierung der gesammelten Daten für eine zielgerichtete Evaluierung.

Einflussfaktoren auf die Funksignale

Das Digital Twin-Konzept

Zur Schaffung einer digitalen Entwicklungsumgebung für Connectivity-Systeme wird das komplettierte Funkszenarien-Portfolio mit realen und simulierten Messdaten vervollständigt und anschließend, mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI), auf die absolut kritischen Fälle reduziert. Durch Extrapolation werden Frequenzen und Modulationsstandards vervollständigt und schließlich zusammen mit dem Funkszenarien-Portfolio in einem „digitalen Zwilling“ abgebildet. Dieses Abbild der realen Funkumgebung wird dann im Rahmen eines „Proof-of-Concepts“ in einer Messkammer am Fahrzeug getestet und evaluiert.

Mit diesem Lösungsansatz können die Connectivity-Systeme von morgen schnell, sicher und robust entwickelt und validiert werden, bei gleichzeitiger Kosten- und Ressourceneinsparung. Auch führt der Ansatz zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr und bereitet die Standardisierung der Connectivity-Systemtests vor. Nicht zuletzt profitiert aber auch Deutschland als Wirtschaftsstandort durch die Beschleunigung von transformationsrelevanten Innovationen im Connectivity-Bereich.